FA 1/86, S. 29-30

s.a. Erinnerungen N. Denkes

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Lerncomputer „LC 80“ als Morseübungsgerät
Dipl.-Ing. N. DENKES

Im Rahmen stabiler Nachrichtenverbindungen spielt die Telegrafie nach wie vor eine dominierende Rolle. Zum Erlernen der verschiedenen Zeichen sowie zur Herausbildung exakter Hörgewohnheiten wurden schon die verschiedensten Lösungsmöglichkeiten und Schaltungsvarianten vorgeschlagen und in der Literatur veröffentlicht. Ohne darauf näher einzugehen, soll nachfolgend eine Möglichkeit dargelegt werden, die neben der optimalen Lösung des Problems die umfassenden Möglichkeiten der Mikroelektronik bei vergleichsweise geringem Aufwand demonstriert. Im Ergebnis entsteht ein Morseübungsgerät, mit dessen Hilfe man das Telegrafie-Alphabet einschließlich aller Ziffern und Sonderzeichen in kurzer Zeit ohne Vorkenntnisse und ohne fremde Hilfe erlernen und trainieren kann. Voraussetzung ist der industriell vom VEB Mikroelektronik „Karl Marx“ Erfurt im Rahmen der Konsumgüterproduktion hergestellte Lerncomputer „LC 80“ ohne jede Veränderung.

Der „LC 80“ verfügt lediglich über eine Hexadezimal-Tastatur. Aus diesem Grunde ist es notwendig, alle Buchstaben, Ziffern und Sonderzeichen in einer geeigneten Weise für die Abarbeitung im Rechner bereitzustellen. Das angewandte Prinzip soll nachfolgend kurz dargestellt werden:

Das Morsealphabet besteht bekanntlich aus Punkten, Strichen und verschieden gearteten Pausen. Für jedes darzustellende Zeichen braucht man im Rechner ein Byte (8 Bit). Pausen zwischen den Zeichen, den Fünfergruppen und innerhalb der Zeichen selbst werden nicht dar-

Tabelle 1: Hexadezimal-Kodierung der Telegrafiezeichen für das „LC 80“-Programm „Morseübungsgerät“ *

A 05
B 18
C 1A
D 0C
E 02
F 12
G 0E
H 10
I 04
J 17
K 0D
L 14
M 07
N 06
O 0F
P 16
Q 1D
R 0A
S 08
T 03
U 09
V 11
W 0B
X 19
Y 1B
Z 1C
Ä 15
Ö 1E
Ü 13
CH 1F
1 2F (05)
2 27 (09)
3 23 (11)
4 21 (21)
5 20 (20)
6 30 (30)
7 38 (18)
8 3C (0C)
9 3E (06)
0 3F (03)
Punkt . 40
Komma , 55
Semikolon ; 6A
Doppelpunkt : 78
Fragezeichen ? 4C
Ausrufezeichen ! 73
Apostroph ' 5E
Anführungsstriche „ 52
Bruchstrich / 32
Klammer ( ) 6D
Bindestrich - 61
Unterstreichung _ 4D
Trennung 31
Irrung 80
tonlose Pause 01

*Klammerangaben für die verkürzte Methode

Tabelle 2: Maschinenprogramm für das Morseübungsgerät mit dem „LC 80“

Adr.	0  1  2  3  4  5  6  7  8  9  A  B  C  D  E  F
-------------------------------------------------------
200	AF 21 14 23 11 15 23 01 07 00 77 ED B0 1B ED B0
201	3A 11 23 2F C6 05 32 14 23 3A 10 23 32 16 23 21
202	00 00 ED 5B 14 23 ED 4B 16 23 0B 19 79 B1 20 FA
203	AF EB 21 50 50 0E 03 3C ED 52 30 FB D5 11 FF FF
204	19 D1 0D 20 F2 06 00 4F ED 43 1A 23 21 00 21 06
205	05 7E 0E 08 0D 07 28 28 30 FA 07 E5 C5 F5 2A 1A
206	23 3A 14 23 4F 30 06 ED 5B 1A 23 29 19 CD 76 03
207	3A 14 23 4F 2A 1A 23 CD EE 20 F1 C1 E1 0D 20 DA
208	E5 C5 D5 3A 14 23 4F 2A 1A 23 CD EC 20 21 18 23
209	06 00 7E C6 01 27 77 23 7E 88 27 77 D1 C1 E1 23
20A	05 F5 7E FE FF 28 23 F1 20 A7 D5 E5 C5 3A 14 23
20B	4F 2A 1A 23 CD E6 20 C1 E1 D1 3A 12 23 FE FF 28
20C	8E 28 89 E5 CD D7 20 E1 18 85 3A 13 23 FE 00 28
20D	F0 CD D7 20 C3 00 20 ED 5B 18 23 CD B7 04 DD 21
20E	F4 23 CD 5A 04 C9 ED 5B 1A 23 29 29 29 19 29 11
20F	01 00 00 00 00 41 10 FE ED 52 20 F6 C9

gestellt. Diese fügt der Rechner selbständig und in der richtigen Dauer hinzu. Die Zeichen werden innerhalb eines Bytes „rechtsbündig“ eingetragen. Dabei bedeutet eine 1 einen zu sendenden Strich und eine 0 einen zu sendenden Punkt. Links vor das Zeichen wird in jedem Fall eine 1 geschrieben und, falls damit das Byte noch nicht vollständig belegt ist, nach links mit Nullen aufgefüllt. Die folgenden zwei Beispiele sollen das Prinzip verdeutlichen:

Beispiel 1:
Buchstabe „A“
Telegrafie: . - (Punkt Strich)
Rechnerintern: 0000 0101
d. h. 0000 0 (Auffüllung)
1 (Trennzeichen)
01 (Buchstabe „A“) Ergebnis: „A“ - 05 H

Beispiel 2:
Ziffer „6“
Telegrafie: - . . . . (Strich Punkt Punkt Punkt Punkt)
Rechnerintem: 0011 0000
d. h. 00 (Auffüllung)
1 (Trennzeichen)
1 0000 (Ziffer „6“)
Ergebnis: „6“ - 30 H

Tabelle 1 stellt die auf dieser Basis zusammengefaßte Gegenüberstellung aller Telegrafiezeichen mit der rechnerinternen Darstellung dar. Ein beliebiger Text wird bei Eingabe der entsprechenden Hexazahlen vom LC 80 im exakten Punkt/Strich/Pausen-Verhältnis akustisch ausgegeben.

Das Rechnerprogramm laut Tabelle 2 stellt das einzugebende Morseprogramm dar. Aus Platzgründen kann es hier nicht näher erläutert werden. Es wird in der Grundvariante des „LC 80“ (Auslieferungszustand) ab Adresse 2000 von Hand oder vom Magnetbandgerät in den Rechner eingegeben. Ab Adresse 2100 kann man einen beliebigen Text nach Tabelle 1 eingeben. Das Programm bildet selbständig Fünfergruppen, so daß sich der Text fortlaufend eingeben läßt. Maximal faßt die Grundvariante des LC 80 insgesamt 528 Zeichen als zusammenhängenden Text. Der Textumfang kann natürlich auch kürzer sein. Es ist lediglich darauf zu achten, daß unmittelbar hinter dem Text die Kodierung FF H folgt. Diese Kodierung signalisiert dem Rechner das Ende des Textes.

Im Rahmen des Morseprogrammes sind folgende Parameter wählbar:

Tonhöhe der ausgegebenen Morsezeichen: Gewählt werden kann zwischen 01 H und FF H in insgesamt 255 Stufen. Bewährt hat sich die Tonhöhe mit der Kodierung E0 H. Eingabeadresse für die Tonhöhe ist 2311

Gebegeschwindigkeit: Einzugeben ist die hexadezimale Kodierung der gewünschten Geschwindigkeit in Zeichen je Minute. Die Kodierung FF H entspricht also (theoretisch) einer Gebegeschwindigkeit von 255 Zeichen je Minute. Die Exaktheit der Morsezeichen leidet darunter in keiner Weise. Eingabeadresse für die Geschwindigkeit ist 2310

Stop nach jeder Fünfergruppe: Soll nach jeder gesendeten Fünfergruppe angehalten werden, ist auf Adresse 2312 eine beliebige Kodierung außer FF H einzutragen. Steht hier die Kodierung FF H, ergibt das fortlaufendes Senden. Wird nach jeder Fünfergruppe gestoppt, wird am Rechner die Anzahl der bisher gegebenen Zeichen angezeigt. Betätigung einer beliebigen Taste am Rechner leitet die Ausgabe der nächsten Fünfergruppe ein.

Stop nach dem gesamten Text: Soll am Ende des gesamten Textes angehalten werden, ist auf Adresse 2313 die Kodierung FF H einzutragen. Andernfalls wird der programmierte Text ständig wiederholt. Beim Stop zeigt der Rechner die Anzahl der ausgegebenen Zeichen an. Auf diese Weise läßt sich die Gebegeschwindigkeit exakt ermitteln, da der Rechner die vorgegebene Geschwindigkeitskodierung mit hoher Präzision einhält.
(Bem. VP: nur bei 00 Wiederholung, sonst Stop)

Auswahl der Pausenlänge zwischen zwei Zeichen: Vornehmlich bei geringer Geschwindigkeit macht sich die „Normpause“ zwischen zwei Zeichen störend bemerkbar. Die Zeichen scheinen zu verwischen, sie sind insbesondere für den Anfänger nicht mehr sauber auseinanderzuhalten. Die „Normpause“ wird eingehalten, wenn auf Adresse 208B die Kodierung EC H eingetragen, ist (s. Tabelle 2). Erhält diese Adresse die Kodierung E6 H, verlängert sich die Pause zwischen den Zeichen, so daß sie in sich geschlossener wirken. Bei höheren Geschwindigkeiten führt das jedoch zu einer „abgehackteren“ Zeichenfolge.

Das vorgestellte Morseprogramm arbeitet auf dem „LC 80“ ohne Probleme. Schüler der 6. Klasse konnten nach wenigen Minuten Einweisung selbst erste Morsezeichen nach Tabelle 2 auswählen, in den Rechner eingeben und hörbar machen. Ausbilder sehen folgende Vorteile:

  • Der Ausbilder kann sich voll auf die Schüler konzentrieren, da er nicht am Rechner bleiben muß.
  • Der gleiche Text läßt sich mit beliebiger Variation in Tonhöhe und Geschwindigkeit wiederholen.
  • Schwierige Zeichenfolgen sind problemlos zu üben.
  • Wettbewerbe sind leicht zu organisieren (z. B. ein Zeichen innerhalb von 20 Gruppen wird geändert. Wer findet den „Fehler“?)
  • Mit dem Rechner synchrones Geben bei Vorliegen des abzuarbeitenden Textes beim Schüler führt zu exakten Gebegewohnheiten.
  • Programm und verschiedenste Übungstexte sind auf Magnetband speicherbar (weniger Zeitverlust).
  • Geringer materieller Aufwand.
  • Möglichkeit eines autodidaktischen Trainings.
  • Exakte Erfassung der Leistungsfähigkeit von Schülern und Fortgeschrittenen durch Variation der Gebegeschwindigkeit in kleinsten Stufen.
  • Exakter Nachweis der Leistungssteigerung auf der Grundlage eines bei einer bestimmten Geschwindigkeit gerade noch fehlerfrei gehörten Textes.
  • Ideales Trainingsgerät.

Dieser Beitrag wurde im Konstruktionswettbewerb unserer Zeitschrift eingereicht.

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  • Zuletzt geändert: 2017/03/14 08:05
  • von volkerp