Erinnerungen
Hier sind ein paar Erinnerungen ehemaliger Entwickler und Mitstreiter zu finden. Ich danke allen für ihre Bereitschaft, diese Text öffentlich ins Netz zu stellen.
Ingo Rohner: Textverarbeitung am Z9001: TEXT1, TEXT2 und SCRIPT (02/2007)
Bei mir war der Z9001 nicht die erste Maschine auf der ich Software entwickelte, wohl aber die erste, die ich mir privat zugelegt hatte. 1984 war ich Student im 4 Studienjahr an der TU Dresden, Sektion 08 (Informationsverarbeitung). Was mir bei der Inbetriebnahme als erstes auffiel war, daß keine Textverarbeitung vorhanden war. Auf den CP/M- Geräten, die ich in der Uni benutzte, war zu der Zeit Wordstar der Standard. Etwas Ähnliches wollte ich auch für meinen privaten Rechner haben. Also schrieb ich eine kleine Textverarbeitung. Alles andere als Assembler war dafür nicht geeignet. Ich hatte diesen von Kassette geladen. Durch meine Kontakte zu den Kollegen von Robotron Meßelektronik verfügte ich bald über eine ganz gute Basisausstattung an Software und Informationen.
Insbesondere an 2 Leute erinnere ich mich gerne. Der eine hatte im wesentlichen die Hardware entworfen, der andere, Lutz Dähne, unter Nutzung der Prinzipien von CP/M ein Betriebssystem gebaut und in 2 KByte EPROM gepreßt. Beide gingen nach der Beerdigung des KC-Projektes in eine andere Abteilung bei Robotron, wo der K1840 (ein Gerät ähnlich der VAX 11) konstruiert wurde.
Als ich meiner Betreuerin an der TU von dem Projekt Text1 erzählte, meinte sie, daß das Ganze das Potential für eine Diplomarbeit habe. Also habe ich die notwendigen Recherchen und theoretischen Betrachtungen zum Thema Textverarbeitung gemacht, alles zusammengeschrieben und Theorie und Software zusammen als Diplomarbeit eingereicht und verteidigt. Das hatte den angenehmen Nebeneffekt, daß ich ein halbes Jahr früher als geplant mit dem Studium fertig war und meine Assistentenstelle antreten konnte. Das Ergebnis wurde als TEXT1 von der TU an Robotron Meßelektronik verkauft.
Mit der Diplomarbeit hatte ich nun eine vollständige Analyse der Anforderungen an Textverarbeitung und eine Bewertung des (auf dieser Hardwarebasis) Machbaren vorliegen, ergo gab es ein komplettes Pflichtenheft.
In meiner Freizeit habe ich daraus dann TEXT2 gebaut. Da dieses Projekt im Vergleich zu TEXT 1 „etwas“ umfangreicher war, habe ich dann aber einen anderen Assembler verwendet. Bekommen hatte ich den von Dr. Wobst, der damals gleich bei mir um die Ecke wohnte. Es war ein Einpaß-Assembler, der lief im RAM, las den Quelltext vom laufenden Magnetband und konnte das COM-File dann wieder auf Band schreiben. Damit war erstmals die Möglichkeit einer Kommentierung gegeben. Manchmal mußte ich sogar Extra-Kommentare einfügen, damit der Assembler genug Leselücken und damit Zeit zur Verarbeitung hatte.
Ich kann mich auch erinnern, daß ich ziemlich viel Zeit in die Code-Kompression gesteckt habe. U.a. baute ich mir ein Analyseprogramm, welches gleichartige Codefolgen ab 5 oder 6 Byte Länge herausgesucht hatte, da man diese zu auf einen Call mit 3 Byte verkürzen konnte und die Folge in eine Subroutine ausgelagert hatte. Letztendlich sollte das Ganze ja auch schon auf einem Z9001 mit 16 K Grundausstattung laufen. Ich glaube, daß ich im Endeffekt irgendwo bei 12 K herausgekommen war, so daß noch 4 K Text in den RAM paßten. Aus diesem Grund ich hatte wohl auch die Druckereinbindung so gemacht, daß das das fertige Programm erst durch Einbau der konkreten Steuersequenzen des Druckers entstand, damit der Konfigurationsteil keinen Platz im RAM wegnahm.
Irgendwann war dann TEXT2 fertig. Da ich kein Gewerbe für Informatik anmelden konnte, aber andererseits die Lösung nicht komplett verschenken wollte, habe ich so ca. 30-40 Briefe an verschiedenste Stellen geschrieben (wie man das heute auch macht: Telefonbuch auf und Adressen gesucht, die halbwegs sinnvoll klangen). Beim Robotron-Vertrieb Berlin habe ich dann auch einen Partner gefunden, der den Deal durchgezogen hat. Ich glaube, das nannte sich „Nachnutzungsvereinbarung“.
TEXT1 hatte von der staatlichen Preiskommission einen Preis verordnet bekommen, der jenseits von gut und böse lag. Wollte man Masse verkaufen, durfte also die Nachfolgeversion nicht wieder so teuer werden. Nach der Logik der Preiskommission wäre TEXT2 gegenüber von TEXT1 ein „gebrauchswert-gesteigertes“ Produkt gewesen, für das man auch mehr hätte bezahlen sollen. Um das zu umgehen, definierten wir einfach einen neuen Namen (eben SCRIPT) und damit wurde wohl ein anderer Endkundenpreis möglich. Ich hab dann irgendwann mal gehört, daß wohl Kassetten im 4-stelligen Bereich produziert worden sind, kann mich aber nicht für die Zahl verbürgen.
1988 oder 1989 habe ich meinen Z9001 mittels Floppy-Laufwerk zu einem „richtigen“ CP/M-Rechner umgebaut, Betriebssystem angepaßt und ab da nur noch mit dem Supersoft-C-Compiler (+ asm + link) gearbeitet. Als Textverarbeitung wurde von mir ab diesem Zeitpunkt nur noch Wordstar in der CP/M-Version genutzt. Ein Umbau von TEXT2 / SCRIPT auf eine Floppy-fähige Version erschien mir nicht sehr sinnvoll.
Anfang der 90er hat mir die Lösung noch einige Zeit gut gedient. Seit ca. 1987 hatte ich einen 9-Nadel-Drucker von Seikosha angeschlossen. Mit dieser Kombination wurde gearbeitet, bis ich mir dann den ersten 286er zulegte.
Dr. R. Wobst (Pretty-C, Quicksave)
Leider muss ich bei den Unterlagen passen. Die ältesten Dinge, die ich noch habe, stammen wohl vom P8000 ca. 1987. Irgendwann - besinne ich mich dunkel - hatte ich eine Z9001-Kassette mal per PC 1715 ausgelesen, aber das war offenbar nur ein Test. Den Compiler hatte ich damals mit einem selbst geschriebenen Assembler auf einer umgebauten elektrischen Schreibmaschine S6005 zweimal ausgedruckt und mit händischen Korrekturen versehen, mehr ging nicht. Die Doku als PDF fand sich tatsächlich schon auf meiner Platte, aber mehr ist nicht mehr da.
Quicksave dürfte nach meiner Erinnerung ganz oder zu wesentlichen Teilen von Wolfgang Burmeister stammen, der leider schon nach Schlaganfall im Pflegeheim liegt. Ihn sollte man wenigstens als Autor erwähnen.
An einen Wobugor (Debugger und Reassembler?) kann ich mich noch besinnen; ich glaube, damit hatte ich mir nebenbei sogar Prämien aus den Rationalisierungsfonds einiger Firmen verdient (zu DDR-Zeiten konnte ich natürlich nicht selbständig sein). Und irgendwas mit „Bolero“ gab es da wohl auch … Aber sonst muss ich passen.